Als ich mich vorgestern stromauf watend einer altbekannten Stelle näherte, an der regelmäßig Kormorane in tieferem Wasser jagen und anschließend ihr Gefieder trocknen, sah ich aus dem Augenwinkel noch zwei dieser schwarzen Gesellen wegfliegen.
„Na toll“ dachte ich. Trotz des einigermaßen warmen Winters und der Tatsache, dass die Stillwasser nicht mehr zugefroren sind, kommen die Vögel trotzdem wieder ins Fließwasser, um dort Forellen und die letzten Äschen zu dezimieren. Die Allgemeinheit weiß zwar: der Kormoran frisst Fisch. Aber wieviele Fische pro Tag er frisst und bis zu welcher Größe er sich diese einverleibt ist oftmals nur Insidern bekannt.
Rückblende.
Im letzten Jahr war ich ungläubiger Beobachter, als sich ein Kormoran an einem Teich blitzschnell eine gut 50cm große Regenbogenforelle ertauchte und diese in einem Rutsch in seinem Schlund verschwand. Mit der Forelle quer im Schnabel aufgetaucht, diese geschickt um 90 Grad gedreht, ging der Fischfahrstuhl ab nach unten kopfüber in den Vogel. Zack, weg! Der Geselle war anschließend so schwer – die Regenbogen habe ich auf 1,3 – 1,5kg geschätzt – dass er kaum abheben konnte!
Kurz nachdem die beiden Vögel vor mir geflüchtet waren – sie haben eine außerordentlich große Fluchtdistanz, also fliehen schon obwohl man noch weit entfernt ist – trieb plötzlich ein toter Fisch an mir vorbei, den ich ergreifen konnte. Es handelte sich um eine malträtierte und gemeuchelte Bachforelle von ca. 38cm, ca. 0,5kg und einem vermuteten Alter von ca. 4 Jahren. Wer sich ekelt mag diesen Artikel nun verlassen und nicht weiterlesen! Obacht!
Die Bachforelle zeigte im Schwanzbereich deutliche Spuren der Schnabelattacken des Kormorans, sie steckte anscheinend schon eine Weile im Schlund des Vogels, der Kopf war bis zu den Brustflossen im Magensack und war von der starken Magensäure anverdaut.
Meine Vermutung war, dass einer der Kormorane diese Forellenbeute auswürgte um schneller starten zu können.
Dieses Bild aus der aktuellen Natur und deren harte Regeln fand ich beeindruckend und teilenswert!
Wenn man sich vergegenwärtigt, dass ein solcher Vogel ca. ein Pfund Fisch am Tag verspeist, also einen Fisch dieser Größe, er diese Fische aber nicht immer beim ersten Mal gepackt bekommt und auf der Jagd auch viele Fisch verletzt – man sieht die Verletzungen der Forelle im Schwanzbereich, die potentiell verpilzen können – und wenn man das dann auf ein Jahr hochrechnet (ca. 180kg Fisch/Jahr) bekommt man eher ein Gefühl dafür was das mit der Natur macht und wie sie sich selbst reguliert.
Klar, sind keine Fische mehr im Wasser, alles leer gefressen oder an den Verletzungen gestorben ist, haut auch der Vogel ab. Ans nächste Gewässer. Selbstregulation. Schenkelklopfer!
Ähnliches hatten wir schon Mitte der 90er als durch Einfall der Kormorane fast der komplette Äschenbestand in der Lenne ausgerottet wurde. Die Äsche, ein gutmütiger Schwarmfisch mit kleiner Fluchtdistanz, mitten im Freiwasser stehend und bei Gefahr keinen Unterschlupf suchend war und ist die ideale und leichteste Beute für den Kormoran, sowohl vom Verhalten als auch von der Größe. Die Äsche war jahrzehntelang der Leitfisch der Lenne und als ich Ende der 80er anfing dort zu fischen fing ich auf eine Bachforelle zehn schöne Äschen.
Dann kam der Kormoran in Schwärmen über NRW, die Äschenpopulation brach komplett ein und seitdem ist die Äsche ganzjährig geschützt und eine Seltenheit beim Fang. Meine privaten Fangbücher und die von gewissenhaft buchführenden Sportsfreunden belegen das eindeutig! Und dieser Fakt ist nicht in der Änderung der Wasserqualität, Klimawandel oder gar Überfischung durch Angler begründet. Das Problem bei der Äsche im Unterschied zur Forelle ist, dass die nur ganz schwer gezüchtet und wieder angesiedelt werden kann. Ist ein Genpool ausgerottet war’s das! Feierabend.
Thymallus Thymallus ist der lateinische Name, denn die Haut der Äsche riecht nach Thymian.
Und dann wurde der Kormoran in 2010 auch noch Vogel des Jahres! Dann kann auch dem 45. Präsidenten der USA posthum – also hoffentlich bald – der Friedensnobelpreis verliehen werden, oder?
Die Vereine hier in der Gegend um Hagen besetzen bei der hingebungsvollen Gewässerpflege durchweg keine fangfähigen Fische, sondern tausende 6 Wochen alte Brütlinge, die bei einer Mortalität von ca. 90% dann gute 4 Jahre brauchen, um zu einer solchen Größe abzuwachsen. Diese wären dann auch laichfähig um selbst für Nachwuchs zu sorgen. Aber dann kommt der schwarze Vogel, der muss ja auch leben, der will ja nur spielen und ist ganz lieb.
Wenn die Vogelliebhaber diese Vögel weiterhin gerne hier haben wollen, sollen sie doch Planschbecken am Ufer aufstellen, wo sie täglich ein paar gute Zuchtforellen schwimmen lassen, quasi als Kormoran-Vogelhäuschen.
Beispiel: 4 Kormorane = 4 x 500Gramm/2 Kg Forelle pro Tag a 8€/kg x 365 = 5840€/per annum. Gettoch! Portokasse! Komm, pack mir noch 12 Brutpaare dazu!
Wie auch in den letzten Jahren habe ich in 2020 ca. 3 kg Fisch entnommen . Ein paar Barsche und 2 Forellen. Und bei vielen meiner Kollegen sieht es nicht anders aus.
Ich jedenfalls werde auch in Zukunft diese Vögel von jedem Fließwasser vertreiben, in dem ich als Vereinsmitglied tätig und verantwortlich bin, solange, bis es eine sinnvolle gesetzliche Kontrolle durch Gelegezerstörung oder Abschüsse gibt. Ich habe nichts gegen die Kreatur an sich, es sind nur viel zu viele für unsere Gewässer.
Ich vertrete hiermit meine private Ansicht, die nicht mit der des Vereines oder dessen Mitglieder übereinstimmen muss.
Juergen Friesenhahn